Chronik – 06.01.2012:
Unsere Wallfahrtskirche Mater Dolorosa

Eröffnung der Reihe "Unsere Denkmäler im Bild"

Mit der Bödinger kath. Pfarrkirche "Zur Schmerzhaften Mutter" soll unsere neue Reihe "Unsere Denkmäler im Bild" zur Vorstellung von Denkmälern in unseren Dörfern und Weilern beginnen.
Die Bödinger kath. Pfarrkirche "Zur Schmerzhaften Mutter".
Die Bödinger kath. Pfarrkirche "Zur Schmerzhaften Mutter".
Es handelt sich bei der spätgotischen Basilika um eine ehemalige Augustiner Chorherren-Stiftskirche (1424-1803, vgl. "Denkmäler: Das Klostergut in Bödingen"), die ab 1397 errichtet wurde. Die 3-schiffige, kreuzrippengewölbte Bruchsteinbasilika des 15. Jahrhunderts mit Westturm, Querschiff und zentralisierendem Chorhaus wurde von 1884 bis 1898 instandgesetzt. Die letzte Innenrestaurierung erfolgte von 2008 bis 2011. Das Langhaus mit eingebautem 4-geschossigen, gegliederten Westturm ist von 1397 bis 1408 erbaut worden. Um 1440 erfolgte die Erweiterung in Form des Querhauses mit 5/8 Schlüssen und einem achtseitigen Treppentürmchen. Das zehnseitige Chorhaus mit Pyramidendach entstand von 1490 bis 1500 an Stelle einer kleineren Choranlage.
Im Chor befindet sich die steinerne Mensa des Hochaltars (1500), mit kräftig profilierter, durchgehender Deckplatte. An der Vorder- und den beiden Schmalseiten befinden sich tief eingeschnittene Spitzbogenarkaden.
Schaukasten mit dem Reliquienkästchen aus dem Hochaltar.
Schaukasten mit dem Reliquienkästchen aus dem Hochaltar.
An der Rückseite befindet sich seit 2011 ein Schaukasten mit dem Reliquienkästchen aus dem Hochaltar. Vor diesem befindet sich der hölzerne Messaltar. Links und rechts im Chor befinden sich die ehemaligen Kommunionbänke. Neben dem Messaltar ist der Ambo (Lesepult).
Das mittlere Chorfenster (1500), gestiftet vom Kölner Erzbischof Hermann von Hessen, ist das letzte von sieben, die einst alle Fenster des Chores füllten. Es wurde 1880 erheblich ergänzt. Das Glasgemälde zeigt im oberen Teil Christus am Kreuz umgeben von Maria, Maria Magdalena und Johannes. Anordnung und Darstellung sind einem Altarbild vergleichbar. In der unteren Hälfte kniet linksseitig der Stifter Hermann von Hessen, hinter ihm der heilige Petrus, Patron des Erzbistums Köln, und rechts die heilige Elisabeth als Schutzpatronin der Landgrafen von Hessen. Mittig zwischen den Figuren ist das Wappenschild des Erzstiftes von Köln abgebildet.
Im nördlichen Querhaus befindet sich ein Fresko mit der Darstellung der Verkündigung an Maria aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Im südlichen Querhaus befindet sich der Gnadenaltar von 1750.
Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes.
Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes.
In seiner Nische befindet sich das bekleidete Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes ("Bödinger Pietà"), ein stark überarbeitetes, hölzernes, bekleidetes Vesperbild der Schmerzhaften Mutter aus der Mitte des 14. Jh. mit 1922 erneuertem Christuskorpus. Der vom Kreuz abgenommene, auf dem Schoß der Mutter liegende Christus ist kindhaft klein dargestellt.
Das Gnadenbild verlässt seinen Platz im Gnadenaltar nur einmal im Jahr, nämlich zum Kompassionsfest (vgl. "Tradition und Brauchtum"), bei dem es in einer Prozession mitgeführt wird.
Links neben dem Altar befindet sich ein bronzener Leuchter in Armform aus dem 17. Jh. Ein Kruzifixus (Köln, Anfang des 16. Jh.) auf erneuertem Kreuzbalken hängt in der Vierung.
Im nördlichen Seitenschiff, unterhalb der Fenster, sind sieben Reliefplatten aus Terrakotta angebracht. Diese Platten der Sieben-Schmerzen-Mariens von 1927 befanden sich bis 1975 in den Bildstöcken entlang des Wallfahrtsweges von Lauthausen nach Bödingen (vgl. "Denkmäler: Die sieben Heiligenhäuschen am Stationsweg"). Danach waren sie bis 2007 in die Innenseite der Kirchhofmauer eingelassen, ehe sie, nach einer Restaurierung, seit 2008 geschützt in der Kirche angebracht sind.
Im südlichen Seitenschiff, neben dem Aufgang zum Westturm, befindet sich der sog. Steinsche Altar: ein Marmorepitaph, welchen Wilhelm von Nesselrode, Kanzler des Herzogtums Jülich-Berg und Amtmann zu Blankenberg, im Jahre 1600 zum Gedenken an seine 1599 verstorbene Gattin Elisabeth von Schwarzenberg gestiftet hat. Die Figur der Verstorbenen ist kniend vor einem Kruzifix (20. Jh.) dargestellt. Die mittlere Platte wird von 16 Wappen eingerahmt. Im Aufsatz zeigt ein Relief die Auferweckung des Lazarus. Es fehlen die seitlichen Figuren neben den Säulen des Unterbaus und die architektonische und plastische Bekrönung des Aufbaus. Gestühl und ein neugotischer Beichtstuhl aus dem Ende des 19. Jh. bzw. Anfang des 20. Jh. sind erhalten.
Einzigartige Beweinungsgruppe (15. Jh.) aus der Halberger Kapelle.
Einzigartige Beweinungsgruppe (15. Jh.) aus der Halberger Kapelle.
Seit 2011 ist die einzigartige Beweinungsgruppe ("Bödinger Beweinungsgruppe"), die aus dem 15. Jahrhundert stammt, an einer Säule neben der Orgel installiert. Sie befand sich ursprünglich in der im zweiten Weltkrieg zerstörten Halberger Kapelle unterhalb von Bödingen, von wo sie dann ins Hennefer Redemptoristenkloster in Sicherheit gebracht worden und im Rahmen der 2006 abgeschlossenen Auflösung des Klosters auf Bitten des Heimatvereins schließlich nach Bödingen gekommen war (vgl. "Historie").
Denkmal für Opfer der beiden Weltkriege an der Wallfahrtskirche.
Denkmal für Opfer der beiden Weltkriege an der Wallfahrtskirche.
Zugehörig ist die Umfassungsmauer (1960) mit einer Gedenkstätte für die Opfer der beiden Weltkriege. Eine steinerne Kreuzigungsgruppe aus der Barockzeit ist mit einem im 20. Jh. entstanden Baldachin geschützt. In die Mauer eingelassen sind Grabplatten aus Sandstein aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die einst Bestandteil des Fußbodens der Kirche waren.
Die Kirche ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und erhaltenswert aus künstlerischen, wissenschaftlichen und besonders architektur- und ortgeschichtlichen sowie städtebaulichen und volkskundlichen Gründen. 1991 wurde sie daher als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Hennef eingetragen.
Quelle: Denkmalliste der Stadt Hennef, mit Änderungen, Aktualisierungen und Fotos des Verfassers und weiterer Vorstandsmitglieder.

 


 

Nachtrag – 1. Juni 2014

Im Jahr 2014 wurden die Ehrentafeln für Kriegsopfer an der Bödinger Wallfahrtskirche restauriert. Näheres dazu kann unter "Ehrentafeln für Kriegsopfer an der Bödinger Kirche restauriert" nachgelesen werden.
Die beiden Tafeln nach der Fertigstellung – fast wie neu! Die beiden Tafeln nach der Fertigstellung – fast wie neu!
Die beiden Tafeln nach der Fertigstellung – fast wie neu!

 


 

Nachtrag – 27. September 2015

Am 27.09.2015 wurde in der Taufkapelle der Bödinger Wallfahrtskirche ein Pilgerkreuz aus dem Jahr 1487 (das "Jacobuskreuz") eingeweiht, wie unter "Einweihung des Pilgerkreuzes – alle sind eingeladen" nachgelesen werden kann. Es erinnert an den 1485 verstorbenen gebürtigen Aachener Jacobus von der Heggen, den 8. Prior des Bödinger Augustiner-Chorherren-Klosters Unserer Lieben Frau.
Das Jacobuskreuz in der Taufkapelle der Bödinger Wallfahrtskirche.
Das Jacobuskreuz in der Taufkapelle der Bödinger Wallfahrtskirche.

 


 

Zum Hintergrund: Die Legende von Christian von Lauthausen

In seinem Werk "Liber de reformatione monasteriorum" (zu Deutsch etwa: "Buch über die Klosterreform") berichtete der später als Klosterreformer bekannt gewordene Mönch Johannes Busch (1399-1479), der 1424 als Diakon nach Bödingen kam, auch über den Einsiedler Christian von Lauthausen. Dieser habe nach einer Offenbarung, in der ihm die Gottesmutter erschienen war, eine Figur nach ihrem Ebenbild anfertigen lassen. Schon bald habe sich dieses Vesperbild als wundertätig erwiesen, was nach und nach viele Menschen anzog. Christian begann mit dem Bau einer Kapelle, die jedoch immer wieder über Nacht einstürzte. Im Traum wurde er schließlich mehrfach gemahnt, eine Kirche an der Wegkreuzung auf dem Berg zu bauen.
So lud er das Vesperbild auf seinen Maulesel, der die Sellbachschlucht hinaufgetrabt und auf dem Berg an besagter Wegkreuzung wie angewurzelt stehen geblieben sein soll. Der Ort für den Bau der Kirche war gefunden. Der Bildstock zog viele Menschen an, als die Kunde vom wundertätigen Bild der "Schmerzhaften Mutter" weithin bekannt wurde (vgl. "Marienerscheinung, Kloster und Wallfahrt"). Als der Pilgerstrom immer mehr anwuchs, fand Christian in dem Geistinger Pfarrer Peter Meisenbach einen Helfer, der seinen Wohnsitz nach Bödingen verlegte und den ab 1397 begonnen Bau der Kirche auch mit eigenen Mitteln unterstützte. Die beiden fanden schnell weitere Unterstützung in der Bevölkerung, auch durch zahlreiche Spender.
Die Bödinger Kirche war nach nur wenigen Jahren erbaut und konnte schon 1408 eingeweiht werden. Sie wurde der Heiligsten Dreifaltigkeit, der Gottesmutter und den Heiligen Drei Königen geweiht. 1417 starben die Erbauer, der Einsiedler Christian von Lauthausen und der Pfarrer Peter Meisenbach. Beide wurden in der Wallfahrtskirche, und zwar vor dem Hochaltar, begraben.
Gedenkstein für Christian von Lauthausen und Peter Meisenbach in der Wallfahrtskirche.
Gedenkstein für Christian von Lauthausen und Peter Meisenbach in der Wallfahrtskirche.
Soweit die Legende – ob tatsächlich alles genau so abgelaufen ist, ist nicht mit letzter Sicherheit belegt. Fest steht jedoch: vor dem Hochaltar in der Wallfahrtskirche erinnert ein Gedenkstein an Christian von Lauthausen und an Pfarrer Peter Meisenbach. Am 17. September 2017 wurde anlässlich des 600. Todestages von Pfarrer Meisenbach im Rahmen eines feierlichen Gedenkgottesdienstes der beiden Erbauer der Bödinger Wallfahrtskirche gedacht.
Denkmal von 1984 zur Erinnerung an Christian von Lauthausen.
Denkmal von 1984 zur Erinnerung an Christian von Lauthausen.
Bereits im Jahr 1984 errichteten die Einwohner des Kirchspiels Bödingen dem Einsiedler Christian von Lauthausen in dankbarer Erinnerung ein Denkmal, das nun vor der Wallfahrtskirche steht und auf dem zu lesen ist (Zitat):

"Christian der einfache Mann aus Lauthausen
brachte 1397 das Gnadenbild der
Schmerzhaften Muttergottes aus der
Selbachschlucht hierher an diese Stelle
und wurde dadurch zum Begründer
der Wallfahrt und der Kirche von Bödingen [...]"

Inschrift am Denkmal zur Erinnerung an Christian von Lauthausen.
Inschrift am Denkmal zur Erinnerung an Christian von Lauthausen.
Schließlich findet man in Altenbödingen, am südöstlichen Ortsrand, oberhalb der Sellbachschlucht am Rand des Naturschutzgebiets Sellbachtal, einen schönen Bildstock, der den Ursprungsort der Gründungssage um Christian von Lauthausen und die Bödinger Wallfahrt markiert (vgl. "Marienerscheinung, Kloster und Wallfahrt").

 


 

Die Reihe "Unsere Denkmäler im Bild"

Hier sind alle Beiträge aus unserer Reihe "Unsere Denkmäler im Bild" von 2012 in der Reihenfolge ihres Erscheinens zusammengestellt:
  1. Ankündigung unserer Reihe: Denkmäler im Bödinger Raum
  2. Denkmäler: Die Bödinger Wallfahrtskirche
  3. Denkmäler: Zwei sakrale Denkmäler in Driesch
  4. Denkmäler: Das Klostergut in Bödingen
  5. Denkmäler: Pumpe und Fachwerkhäuser in Auel
  6. Denkmäler: Pumpe und Votivkreuz Altenbödingen
  7. Denkmäler: Kapelle, Mühle, Wegekreuz in Oberauel
  8. Denkmäler: Fachwerkhofanlage in Niederhalberg
  9. Denkmäler: Das Marienbrünnchen bei Halberg
  10. Denkmäler: Das Holzwegekreuz in Oberhalberg
  11. Denkmäler: Die Bödinger Segensaltäre
  12. Denkmäler: Die sieben Heiligenhäuschen am Stationsweg
  13. Denkmäler: Fachwerkhaus und Kapelle in Bödingen

 


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